Werbung für „Focus-Kapseln“ ist wettbewerbswidrig

Der Erfolg eines Produktes hängt nicht unwesentlich von einem passenden Produktnamen und der richtigen Bewerbung ab. Aber gerade bei Produktnamen und in der Werbung gilt es durchaus Rechtliches zu beachten – auch und gerade, wenn es um Nahrungsergänzungsmittel geht.

Im Falle eines Nahrungsergänzungsmittels in Kapsel-Form, das die Konzentration verbessern sollte, musste nun das LG Berlin entscheiden (LG Berlin, Urteil v. 13.07.2023, Az.: 52 O 408/22). Das Urteil ist allerdings (Stand Februar 2024) nicht rechtskräftig.

Nahrungsergänzungsmittel „Focus-Kapseln“

Ein Unternehmen stellt Nahrungsergänzungsmittel her. Sein Produkt „Focus-Kapseln“ vertreibt das Unternehmen vor allem online. Laut Angaben des Herstellers soll der Verzehr dieser Kapseln eine die Konzentration fördern.

Verbraucherschützer sahen bereits den Produktnamen kritisch. Aber nicht nur der Produktname sorgte für Zweifel an einer wettbewerbskonformen Vermarktung der Kapseln. Auch eine Werbeaussage auf der Produktwebsite unter der Domain www.brain-effect.com sorgte für Unmut bei Verbraucherschützern:

„Ob im Office, bei deinem Herzensprojekt oder einem entscheidenden Moment im Familienalltag: überall ist Focus gefragt. Doch manchmal fällt es schwer sich zu konzentrieren. Deshalb haben wir FOCUS KAPSELN entwickelt. Dank ihrer innovativen Power-Formel dafür mit Vitamin B5, kannst du jetzt jederzeit zur Höchstform auflaufen.”

Vor allem darin sah die Verbraucherzentrale Bundesverband einen Verstoß gegen die sog. Health-Claims-Verordnung (HCVO) der EU und damit eine unzulässige Gesundheitswerbung und einen Wettbewerbsverstoß nach § 3 UWG.

Denn laut HCVO ist die Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen (Claims) grundsätzlich nur bei Lebensmitteln / Nahrungsergänzungsmitteln zulässig, die die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit geprüft und zugelassen sind. Selbst Hinweise auf allgemeine Vorteile eines Lebensmittels oder Nährstoffs in Bezug auf die Gesundheit und das Wohlbefinden sind nach der HCVO nur möglich, wenn dem Produkt eine zugelassene Aussage hinzugefügt ist, die die Behauptung stützt. (Art 10 HCVO und Art 13 HCVO)

Was regelt die HCVO der EU?

Nach der HCVO ist es verboten, nicht nachweisbare gesundheitsfördernde Wirkungen eines Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittels zu bewerben. Allerdings regelt die HCVO in einer Liste, welche gesundheitsbezogenen Angaben erlaubt sind – jeweils bezogen z.B. auf bestimmte Inhaltsstoffe, Vitamine oder auch Mineralstoffe. Die in der HCVO definierten Health-Claims dürfen Unternehmen dann in der Werbung nutzen. Das gilt allerdings nur, wenn das Lebensmittel bzw. Nahrungsergänzungsmittel auch tatsächlich die jeweiligen Inhaltsstoffe in entsprechenden Mengen laut HCVO enthält.

Ist ein Claim in der Liste der HCVO nicht genannt oder enthalt das Produkt nicht die entsprechenden Wirkstoffe in entsprechender Menge, ist das ein Verstoß gegen die HCVO und damit gegen das Wettbewerbsrecht. In einem solchen Fall ist kann z.B. eine Verbraucherzentrale einem Unternehmen die Werbung mit dem wettbewerbswidrigen Claim untersagen.

Verbraucherzentrale klagt und bekommt Recht

So war es im Fall der Focus-Kapseln: hier klagte die Verbraucherzentrale Bundesverband gegen den Hersteller der Focus-Kapseln wegen unzulässiger Gesundheitswerbung.

Und die Verbraucherzentrale bekam Recht: das Gericht untersagte dem Hersteller der Kapseln damit zu werben, dass die Einnahme der Kapseln zu einer besseren Konzentrations- und Leistungsfähigkeit führen. Es sah in der Werbung einen Verstoß gegen die HCVO. Denn beim Betrachten der Website würde durch die Kombination von Werbetext und Abbildung der Produktverpackung der Eindruck vermittelt, dass das Nahrungsergänzungsmittel der Förderung der Konzentration dient.

Die konkrete Vermarktung der Kapseln als Focus-Kapseln mit dem entsprechenden Werbespruch würde bei Verbrauchern den Eindruck erwecken, dass die Kapseln mit dieser Wirkstoffkombination zu einem besseren Fokus, also zu einer besseren Konzentrationsfähigkeit führen. Allerdings würde es schlichtweg keine nach der HCVO zugelassene Aussage geben, dass der Zusatz von Vitamin B5 und Vitamin B 12 die Konzentration fördere.

Die Werbung verstößt damit gegen die HCVO. Letztlich komme es in diesem Fall auch nicht darauf an, ob es sich bei er Werbeaussage um eine gesundheitsbezogene Aussage handelte oder nur um einen Hinweis auf allgemeine Vorteile. Die Voraussetzungen des Art. 10 HCVO seien so oder so nicht erfüllt, denn der Hersteller konnte auch nicht nachweisen, dass die Einnahme der Kapseln tatsächlich die Konzentration und die Leistungsfähigkeit verbessert.

Werbeaussagen und Gesundheit: genau prüfen ist notwendig!

Dieser Fall zeigt, dass gesundheitsbezogene Aussagen und allgemeine Aussagen zur Wirksamkeit von Lebens- und Nahrungsergänzungsmitteln mit Vorsicht zu genießen sind.

Bevor ein Produkt auf den Markt gebracht werden soll – besser schon bei der Entwicklung des Produktnamens! – ist genau zu prüfen, ob die HCVO dem Produktnamen oder geplanten Werbeaussagen nicht einen Strich durch die Rechnung macht. Denn verletzt man mit Verstößen gegen die HCVO das Wettbewerbsrecht, könnten Abmahnungen etc. deutlich höhere Kosten verursachen, als eine professionelle Beratung und Prüfung im Rahmen der Produktentwicklung.

 

Beitragsbild: [New Africa]/stock.adobe.com

Weitere Beiträge

DSGVO-Schadensersatz wegen Kontrollverlust bei Datenpanne?

Datenschutz ist in Unternehmen ein sensibles Thema. Denn Datenpannen können nicht nur einen erheblichen Imageschaden zur Folge haben, sondern auch immense wirtschaftliche Schäden verursachen – auch jenseits von Bußgeldern und Co. So kann ein finanzieller Schaden auch dadurch entstehen, dass Betroffene von Datenpannen Ersatz eines immateriellen Schadens geltend machen. Aber reicht für einen solchen DSGVO-Schadensersatz […]

Batman: Logo ist und bleibt eine Marke

Nicht nur Comic-Fans kennen das Batman-Logo: eine schwarze, stilisierte Fledermaus mit spitzen Ohren vor einem querliegenden, ovalen Hintergrund in leuchtendem Gelb. Allein die textliche Beschreibung reicht, um es vor dem inneren Auge sehen zu können. Und auch ohne gelben Hintergrund erkennt man die spezielle Fledermaus als ikonische Batman-Fledermaus. Aber hat das Logo die notwendige Unterscheidungskraft […]

Der Kölner Dom: keine Marke, sagt der BGH

Nichts steht so sehr für die Stadt Köln wie der Kölner Dom. Zuletzt konnte man bei der Handball-WM Anfang 2024 in Deutschland sogar sehen, dass die besten Spieler eines Spiels am Spielort Köln einen roten Plüsch-Dom geschenkt bekamen. Aber taugt der Kölner Dom zur Marke im Sinne des Markenrechts? Darüber urteilte Ende 2023 der Bundesgerichtshof […]